Eine Schule für Sehgeschädigte ohne Schülerinnen und Schüler

Im Bundesland Schleswig-Holstein gibt es keine Sonderschulen für sehbehinderte und blinde Kinder und Jugendliche im üblichen Sinne. Die meisten dieser Schülerinnen und Schüler werden integrativ in der Regelschule an ihrem Wohnort unterrichtet. Beim Vorliegen einer zusätzlichen Behinderung erfolgt die Förderung in einer regionalen Sonderschule – meist in einer mit Förderschwerpunkt Kognition. In jedem Fall werden nicht nur die sehgeschädigten Schülerinnen und Schüler selbst, sondern auch deren Lehrpersonen und Eltern vom «Landesförderzentrum Sehen, Schleswig» unterstützt.

Stellt die Integration von sehbehinderten und blinden Schülerinnen und Schülern in Regelklassen nicht eine sonderpädagogische Fahrlässigkeit dar? Geht auf diese Weise nicht das sehgeschädigtenspezifische Know-how verloren?

Ich hatte vom 10. bis 12. Februar 2010 die Gelegenheit, Einblick in die Arbeit des Förderzentrums zu nehmen … und ich war sehr beeindruckt. Das Landesförderzentrum ist für mich der lebendige Beweis, dass es möglich ist, fachspezifisches Wissen und Können auch ohne stationäres Angebot zu bewahren. Es braucht dazu aber eine gut geführte «Zentrale», zu der die integrativ tätigen Fachleute regelmässigen Kontakt haben. Im Falle des Landesförderzentrums Sehen geschieht dies alle 14 Tage.

Was bietet dieses Landesförderzentrum? Die Schule vor Ort wird durch sehgeschädigtenspezifische Fachpersonen wirkungsvoll unterstützt. Beratung erfolgt nicht nur im Früh-, Grundschul- und Sekundarschulbereich, sondern auch beim Übergang in den Beruf bis zum Ende der Ausbildung. Jede Schülerin, jeder Schüler besucht mehrmals jährlich zentrale Kurse. So lernen sie Gleichbetroffene kennen. Das Kursprogramm ist spannend und breit. Das Zentrum unterhält ein gut sortiertes Medienzentrum. Darüber hinaus bietet es die Dienstleistung an, Förder- und Unterrichtsmaterialien sehgeschädigtengerecht zu erstellen (z.B. durch tastbare Elemente, kontrastreiche Farbgebung, Umsetzung in Brailleschrift).

Hier gibt es weitere Informationen zum Landesförderzentrum Sehen, Schleswig .

Zu den Bildern:
1) Dieses Mädchen ist blind und besucht ganz selbstverständlich die Regelschule in ihrem Wohnquartier. Zwei Halbtage pro Woche ist eine Sehgeschädigtenpädagogin vor Ort. In der restlichen Zeit steht je nach Bedarf und Aktivitäten der Klasse eine Assistenzperson zur Verfügung.
2) In zentralen Kursen wird unter anderem der Umgang mit Hilfsmitteln geübt.
3) In einem Medienzentrum liegt ein breites Angebot an Förder- und Unterrichtsmaterialien bereit.
4) Im Zentrum werden Spiel- und Lehrmaterialien nach den Wünschen der Lehrpersonen sehgeschädigtengerecht aufbereitet.